Podiumsdiskussion am 17. Oktober 2019 im Deutschen Bundestag.
Zum zwanzigjährigem Bestehen des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) fand am 17. Oktober 2019 ein parlamentarischer Abend im Deutschen Bundestag statt. Das Podium „20 Jahre Ziviler Friedensdienst – Bilanz und Ausblick der Zusammenarbeit von Staat und Kirche bei der zivilen Konfliktbearbeitung“ stand unter dem Leitwort „Suche den Frieden und jage ihm nach“. Eingeladen hatte Ottmar von Holtz MdB als Vorsitzender des Unterausschusses für zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln in Kooperation mit der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE). „Der Zivile Friedensdienst braucht mehr Öffentlichkeit, aber auch einen Mittelaufwuchs und mehr politisches Gewicht“, war die zentrale Botschaft, die von der Veranstaltung ausgegangen ist.
In seiner Begrüßung mahnte von Holtz, dass die Arbeit des Zivilen Friedensdienstes dringend sichtbarer werden müsse: „Wir brauchen mehr Öffentlichkeit“, sagte er als Vorsitzender des zuständigen Unterausschusses. Deshalb fänden auch die Sitzungen seines Ausschusses öffentlich statt und würden auf den Internetseiten des Bundestages gestreamt.
Prälat Dr. Martin Dutzmann, der evangelische Vorsitzende der GKKE, ergänzte, dass mehr Öffentlichkeit, aber auch mehr Geld nötig seien, um den Vorrang des Zivilen gegenüber militärischem Eingreifen zu propagieren und verwies auf aktuelle Entwicklungen: „Tagtäglich zeigen uns Nachrichten aus aller Welt, in wie vielen Ländern sich militärische Logik und Gewalt Bahn brechen und wieder Krieg geführt wird. Zivile Krisenprävention und der Zivile Friedensdienst sind unverzichtbar und werden heute mehr denn je gebraucht.“
Dutzmann und von Holtz eröffneten den parlamentarischen Abend, der im mit über 70 Personen gut besuchten Saal im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestags stattfand. Bei der Podiumsdiskussion wurde nach einer Rückschau vor allem nach vorn geblickt. Wo stehen staatliche und kirchliche Akteure bei dieser Gemeinschaftsaufgabe heute? Welche Perspektiven zur Weiterentwicklung und Ausgestaltung dieser Kooperation können entwickelt werden?
„Wir dürfen nicht so tun, als ob wir einfach so weitermachen können,“ sagte Dr. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt mit Blick auf die weltweit zunehmenden Einschränkungen zivilgesellschaftlichen Handelns. „MenschenrechtsaktivistInnen werden ermordet, soziale Konflikte verschärfen sich. Fachkräfte sind am Ende, weil sie so viele Gewalterfahrungen machen müssen“, gab sie zu bedenken. „Wir registrieren immer mehr eingeschränkte Handlungsräume, auf die wir reagieren müssen. Sonst gibt’s bald keine Friedensdienste mehr.“
Dr. Jörg Lüer betonte, dass man mit den Leitlinien der Bundesregierung zur Zivilen Krisenprävention und Friedensförderung einen wichtigen Schritt voran gekommen sei. „Nichts desto minder ist die Lernbewegung offen. So sind die friedenspolitischen Potentiale der Religionsgemeinschaften noch nicht angemessen mitbedacht“, so Lüer.
„Die Botschaft der zivilen gewaltfreien Konfliktbewältigung hat es im Moment nicht leicht,“ räumte auch Renke Brahms, der Friedensbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, ein. Gerade deshalb, so Brahms, seien eine deutlichere politische Unterstützung und erhöhte Finanzmittel umso nötiger.
Die Erfahrungen, die in 20 Jahren Ziviler Friedensdienst gemacht wurden, die Rückschläge, die verzeichnet, und die Erfolge, die erreicht wurden, bieten hierfür eine geeignete Argumentations- und Arbeitsgrundlage. Der ZFD hat sich als Programm zur Friedensförderung bewährt. Dafür sprechen die vielen Beispiele aus der konkreten Arbeit vor Ort. Es braucht nur mehr davon, so ein zentrales Fazit der Veranstaltung. Es diskutierten (die Reihenfolge der Genannten entspricht dem Foto, von links nach rechts):
- Ottmar von Holtz, MdB, Vorsitzender des Unterausschusses für zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln
- Prälat Dr. Martin Dutzmann, evangelischer Vorsitzender der GKKE
- Dr. Claudia Lücking-Michel, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH)
- Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt
- Dr. Friederike Repnik, Moderation, AGEH
- Dr. Jörg Lüer, Geschäftsführer von Justitia et Pax, katholischer Geschäftsführer der GKKE
- Dr. Elke Löbel, Leiterin Unterabteilung 22 (Flucht und Migration, Krisenprävention und -bewältigung) im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
- Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
Das Schlusswort sprach Prälat Dr. Karl Jüsten, katholischer Vorsitzender der GKKE. Er betonte, dass die Kirchen – wie vor 20 Jahren – auch heute fest an der Seite des ZFD stehen und sich für dessen Weiterentwicklung einsetzen werden.
Quelle: Gerlinde Unverzagt, Foto: Tim Kuschnerus