GKKE kritisiert Eckpunkte zum Rüstungsexportkontrollgesetz

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Trotz positiver Ansätze voller gravierenden Lücken

 

Die GKKE fordert schon seit mehreren Jahren ein Rüstungsexportkontrollgesetz. Sie begrüßt es deshalb ausdrücklich, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Entwurf für Eckpunkte eines solchen Gesetzes vorgelegt hat.[1] Der Entwurf enthält eine Reihe wichtiger und guter Punkte, die dazu beitragen können, die deutsche Rüstungsexportpolitik restriktiver zu gestalten und damit stärker an friedens-, menschenrechts- und sicherheitspolitischen Zielen auszurichten. Gleichzeitig jedoch offenbart der Entwurf der Eckpunkte gravierende Lücken und Schwachstellen, die aus Sicht der GKKE im weiteren Gesetzgebungsverfahren dringend behoben werden müssen, um diesen Anspruch auch einzulösen.

 

Die GKKE begrüßt, dass die Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der Europäischen Union zu Rüstungsexporten sowie der Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern als Tatbestände in das Rüstungsexportkontrollgesetz übernommen werden sollen. Selbiges gilt auch für die gesetzliche Verankerung und Ausweitung von Post-Shipment-Kontrollen, die Möglichkeit einer grundsätzlichen Ablehnungsvermutung bei bestimmten Drittländern, die Berücksichtigung von Korruption sowie die Entschädigungsmechanismen für Opfer rechtswidriger Rüstungsausfuhren. Positiv hervorzuheben ist auch die Erweiterung des Menschenrechtskriteriums durch die besondere Berücksichtigung von Menschenrechten, Demokratie und Rechtstaatlichkeit einschließlich gender- oder minderheitenspezifischer Gewalt und des Einsatzes von Kindersoldaten. Es ist richtig, dass Rüstungsexporte an Empfängerländer mit schlechter Bilanz in diesen Bereichen auch über den Bezug zum konkreten Rüstungsgut hinaus abgelehnt werden können und dass sie bei hinreichendem Verdacht eines direkten Zusammenhangs zwischen Rüstungsgut und Menschenrechtsverletzung abgelehnt werden müssen. Die GKKE fragt sich jedoch, warum diese sinnvollen Erweiterungen nicht auch für die weiteren Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes gelten sollen (z.B. im Hinblick auf Gefahren für Frieden und Sicherheit oder auch für die Gefahr der illegalen Weiterverbreitung). Grundsätzlich positiv, aber vergleichsweise zaghaft sind die Ankündigungen hinsichtlich der besseren Transparenz und Begründung bei Rüstungsexporten. So ist beispielsweise unklar, warum die Begründung von Genehmigungsentscheidungen nur auf die Ausfuhr von Kriegswaffen an Drittländer begrenzt bleiben soll und damit einen den Großteil deutscher Rüstungsexporte ausschließen würde. Genauso unklar bleiben auch die Auswahlkriterien für eine Reihe von Staaten, die NATO und EU gleichgestellt werden sollen.

 

Leider fehlen in dem Entwurf wichtige Punkte. An erster Stelle ist hier die Einführung eines Verbandsklagerechts zu nennen. Bei selbigen geht es nicht darum, den politischen Handlungsspielraum für die Politik in unangemessener Weise einzuengen, sondern vielmehr darum, dass zivilgesellschaftlichen Akteuren – ähnlich wie im Umwelt- oder Behindertenrecht – die Möglichkeit gegeben wird, gerichtlich überprüfen zu lassen, ob sich die Bundesregierung an die bestehenden rechtlichen Vorgaben hält. Die GKKE sieht keine rechtlichen oder verfahrensrechtlichen Gründe, weshalb im Feld Rüstungsexport ein Sonderrecht ohne gerichtliche Überprüfung etabliert bleiben soll. Die GKKE fordert deshalb die Schaffung eines Verbandsklagerechts, da ein Rüstungsexportkontrollgesetz – gerade mit einer derart starken Betonung von Einzelfallentscheidungen – ohne ein solches Recht in seiner restriktiven Wirkung weitgehend zahnlos bliebe. Des Weiteren lässt der Eckpunkteentwurf jeglichen Ansatz zur Erfassung der Umgehung der deutschen Rüstungsexportkontrolle durch Ausgründungen und/oder Anteilserwerb an ausländischen Rüstungsunternehmen sowie deren technische Unterstützung und Knowhow-Transfer vermissen. Auch einen Hinweis auf eine rechtliche Festschreibung der Kleinwaffengrundsätze von 2015 sucht man vergebens. Dass der grundsätzliche Genehmigungsanspruch für sonstige Rüstungsgüter beibehalten werden soll, wird der Gefährlichkeit dieser Güter nicht gerecht.

 

Problematisch ist die de facto Festschreibung des Vorrangs europäischer Kooperationsvorhaben. Im Zielkonflikt mit einer zu vertiefenden europäischen Zusammenarbeit wird nur ein halbherziger Versuch angekündigt, deutschen Standards mehr Gewicht zu verleihen. Die Eckpunkte setzen auf eine anzustrebende EU-Rüstungsexportverordnung und erwähnen die Option von Mehrheitsentscheidungen bei Kooperationsprojekten. Das bleibt für die deutsche Genehmigungspraxis unverbindlich und wird, zumindest auf absehbare Zeit, nur mit starkem politischen Einsatz, von dem in den Eckpunkten nicht die Rede ist, gegen exportwilligere Partner umsetzbar sein. Deshalb befürchtet die GKKE die fortgesetzte und vielleicht sogar verstärkte Aushebelung des deutschen Rüstungsexportkontrollrechts; wie es zuletzt im Falle der Zulieferung deutscher Rüstungskomponenten für Kampfflugzeuge für Saudi-Arabien zu beobachten war, die im Jemenkrieg zum Einsatz kommen. Ohne tragfähigen Kompromiss auf EU-Ebene muss deshalb die Veto-Möglichkeit bei Gemeinschaftsprojekten aus Sicht der GKKE erhalten bleiben.

 

Zusammengefasst erkennt die GKKE im vorliegenden Entwurf der Eckpunkte eine ganze Reihe positiver Aspekte. Sie fordert die Bundesregierung jedoch dazu auf, insbesondere bei den Punkten Verbandsklagerecht, Kontrolle der Aktivitäten deutscher Rüstungsunternehmen im Ausland, Kleinwaffengrundsätze, dem Genehmigungsanspruch für sonstige Rüstungsgüter, sowie europäischer Rüstungskooperation nachzubessern.

 

 

Für Rückfragen: Dr. Jörg Lüer 030 24 34 28 158

[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/eckpunkte-ruestungsexportkontrollgesetz-entwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=6.20221020_GKKE_Statement_Eckpunkte_Rüstungskontrollgesetz